Stellungnahme des Bach-Archivs

zur Absage des Bach-Wettbewerbs 2021

Liebe Teilnehmer,  Juroren und Mitwirkende des XXII. Internationalen Bach-Wettbewerbs, liebe Bachfreunde!
 

Es fällt uns schwer, diese Nachricht zu überbringen: Wir werden angesichts der weiterhin bestehenden Pandemie-Situation den vom letzten Jahr verschobenen Bach-Wettbewerb auch in diesem Sommer nicht durchführen können. Trotz jüngster Entwicklungen, die vielleicht ein wenig Hoffnung geben, führt die anhaltende Unsicherheit über weiterhin geltende Einschränkungen zu der schmerzlichen Erkenntnis, dass die Durchführung eines Wettbewerbs mit internationalen Juroren und Teilnehmern aus der ganzen Welt in diesem Sommer noch nicht möglich sein wird. Die möglicherweise mit Quarantäneauflagen verbundene Schwierigkeit der Anreise für die Teilnehmer würde zu ungleichen Voraussetzungen führen und das durch die Vorauswahl bestätigte Teilnehmerfeld beeinflussen. Einige der Juroren mussten wegen der Einreiseregelungen bereits ihre Mitwirkung absagen. Das für uns größte Hindernis sind aber die Umstände der Durchführung des Wettbewerbs selbst. Wir haben in den letzten Wochen versucht Lösungen zu finden, wie der Wettbewerbsablauf – also die Saalproben , die Proben mit den Begleitern, die Wertungsvorspiele, die Beratungsgespräche mit den Juroren, und dies alles für drei Wettbewerbs-Disziplinen parallel,  bis hin zu Preisverleihung und Preisträgerkonzert – an die vermutlich weiterhin geltenden Hygieneauflagen angepasst werden kann.
 

Eine den Hygienebestimmungen entsprechende Gestaltung der Wertungsvorspiele als geschlossene Prüfungen der Bewerber ohne Publikum würde unserem Anspruch und dem Geist des Wettbewerbs, den wir in erster Linie als ein Treffen von Gleichgesinnten sehen, nicht gerecht. Im Mittelpunkt des Wettbewerbs steht immer das Anliegen, Bachs Musik und Vermächtnis in die nächste Generation zu tragen, ihre emotionale Tiefe und spirituelle Kraft mit höchstem technischen Können zu verbinden, damit sie ein »Muster und Wegweiser für unser Leben« wird (Robert Levin). Dies kann nur gelingen in einem Umfeld des gegenseitigen Respekts und mit Interesse an den musikalischen Auffassungen und Erkenntnissen der Mitbewerber und Juroren. Diese Atmosphäre kann sich nicht entfalten in einer Reihe isolierter Prüfungssituationen mit anschließender Bekanntgabe der Ergebnisse. Der Wettbewerb lebt vom intensiven Austausch, von der gegenseitigen Anteilnahme und der Möglichkeit, die Interpretationen der Mitbewerber zu erleben, in einen fruchtbaren Austausch zu treten und Kontakte zu knüpfen. All dies soll zu nachhaltigen Eindrücken und einer Bereicherung der musikalischen Erfahrungen für die Teilnehmer führen und kann nur gelingen bei entspannten Begegnungen ohne Regulierung und Kontaktbeschränkung. Unter den gegenwärtigen Bedingungen und der unsicheren Perspektive sehen wir als die Organisatoren des Wettbewerbs uns nicht in der Lage, eine solche kreative und inspirierende Atmosphäre zu schaffen. Da die Vorbereitung des Wettbewerbs für alle Beteiligten – Bewerber wie Organisatoren – einen großen zeitlichen Aufwand erfordert, können wir die Entscheidung nicht länger aufschieben und sagen schweren Herzens den Wettbewerb hiermit ab. Organisatorische Gründe verhindern die erneute Verschiebung  – der XXII. Internationale Bach-Wettbewerb wird ersatzlos ausfallen müssen. Wir wissen, wie viel Kraft und Herzblut die Teilnehmer bereits auf ihre Programme verwandt haben und können ihre Enttäuschung gut verstehen. Umso mehr hoffen wir, dass sie sich von den gegenwärtigen schwierigen Bedingungen für Musiker nicht entmutigen lassen und ihre künstlerische Karriere weiter mit Ausdauer und Engagement verfolgen.
 

Liebe Bach-Freunde, seien Sie versichert, dass wir als  Organisatoren diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen und nichts unversucht gelassen haben.  Lassen Sie uns gemeinsam nicht verzagen und auf eine bessere Zeit hoffen, die wieder unbeschränktes gemeinsames Musizieren ermöglicht als Quelle von Freude und Zuversicht für unser Leben.
 

Robert Levin (Präsident des Bach-Wettbewerbs Leipzig)
Elisabeth Liebau (Leiterin Gesamtorganisation)

 

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